Das menschliche Haar
Der Aufbau des Haares
Das menschliche Haar besteht aus drei Teilen: dem Haarschaft, der Haarwurzel und der Haarzwiebel. Sein sichtbarer Teil – der Haarschaft – ist der Abschnitt des Haares, der aus der Haut herausragt. Dagegen ist die Haarwurzel in der Haut verankert und endet mit einer knollenartigen Verdickung, der so genannten Haarzwiebel.
Seinen Halt erhält das Haar dadurch, dass die Haarzwiebel an einer Haarpapille der Haut befestigt ist. Diese Papille besteht aus Bindegewebe. Die Haarwurzel selbst befindet sich in der Wurzelscheide, die auch als Haarfollikel bezeichnet wird. Daran schließt sich eine Talgdrüse an, die für die Einfettung des Haares verantwortlich ist.
Jedes einzelne Haar wird darüber hinaus von einem Haarmuskel umfasst und von sehr feinen Nervenfasern umsponnen. Diese empfindlichen Nervenfasern registrieren auch die kleinsten Berührungen. So kommt es, dass sich beispielsweise schon bei einem leichten Luftzug die Haarmuskeln zusammenziehen und eine Gänsehaut verursachen.
Haare entstehen schon vor der Geburt
Bereits ab der sechsten Woche der Schwangerschaft beginnt die Entwicklung der Haare. In dieser Zeit werden etwa fünf Millionen Haarfollikel angelegt. Nach der Geburt kommen keine neuen Wurzelscheiden mehr hinzu. Die Anzahl der Haarfollikel sagt aber nichts über die tatsächliche Zahl der Haare aus. So verfügt ein Mensch über ebenso viele Wurzelscheiden wie ein Schimpanse, bei ihm entstehen daraus aber viel weniger Haare als bei dem Menschenaffen. Diese auf den ersten Blick verblüffende Tatsache lässt sich damit erklären, dass nicht in jedem Haarfollikel ein Haar wächst.
Die Farbe des Haares
Die individuelle Haarfarbe eines Menschen wird durch den Melanin-Gehalt des Haares bestimmt. Das Melanin wird in Zellen produziert, die sich unter anderem an den Haarfollikeln befinden. Diese Zellen verwandeln körpereigene Aminosäuren in farbige Pigmente, die als Melanin bezeichnet werden.
Man unterscheidet grundsätzlich zwei verschiedene Typen von Melanin, die für die unterschiedlichen farblichen Varianten des menschlichen Haares verantwortlich sind.
1. Das Eu-Melanin ist das Schwarz-Braun-Pigment. Dieses Melanin entscheidet hauptsächlich über die Farbtiefe des Haares. Es kommt in schwarzem und braunem Haar in klar erkennbaren Körnchen vor.
2. Das Phaeo-Melanin ist das Rot-Pigment. Dieses Melanin ist für rote, blonde und hellblonde Haare verantwortlich. In seiner Struktur ist es sehr viel kleiner und feiner als das Eu-Melanin.
Durch das Mischungsverhältnis der beiden Melanin-Typen entstehen die unterschiedlichen Haarfarben.
Rotes Haar enthält wenig Eu-Melanin und sehr viel Phaeo-Melanin.
Blondes Haar hat ebenfalls wenig Eu-Melanin, aber viel Phaeo-Melanin.
Dunkles Haar enthält dagegen viel Eu-Melanin und wenig Phaeo-Melanin.
Graues Haar entsteht mit zunehmenden Alter, wenn die Produktion von Melanin nachlässt. In diesem Prozess wird das Melanin zunehmend durch die Einlagerung von Luftbläschen in den Haarschaft ersetzt.
Das Wachstum des Haares
Grundsätzlich sind die Entwicklung und das Wachstum der Haare sowohl genetisch als auch hormonell bedingt. Im Normalfall wächst dabei das Kopfhaar bedeutend schneller als das Haar an anderen Stellen der Haut. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Haarzwiebeln am Kopf besonders aktiv sind.
Der Lebenszyklus eines Haares umfasst in der Regel eine Zeitspanne von etwa sieben Jahren. Er lässt sich in vier verschiedene Phasen unterteilen:
1. In seiner Wachstumsphase wächst das Haar innerhalb von drei Tagen ungefähr einen Millimeter. Bei Männern dauert diese Phase zwei bis vier Jahre, bei Frauen dagegen vier bis sechs Jahre.
2. Nach der Phase des Wachstums tritt eine Übergangsphase von zwei bis vier Wochen ein.
3. Nun folgt im Lebenszyklus des Haares eine Ruhephase von etwa drei bis vier Monaten.
4. In der letzten Phase fällt das Haar schließlich aus und schafft Platz für ein neues Haar, das aus demselben Haarfollikel nachwächst. In jeder Wurzelscheide kann etwa zehn- bis zwölfmal ein Haar nachwachsen.
Dieser Lebenszyklus des Haares ist dafür verantwortlich, dass täglich 60 bis 100 Haare ausfallen. Das ist ein völlig normaler Prozess.
Blonde haben die meisten Haare
Die Anzahl der Haare unterscheidet sich je nach der individuellen Haarfarbe sehr stark voneinander. So haben Blonde durchschnittlich 140.000 Haare, während Brünette etwa 100.000 Haare aufweisen. Bei Rothaarigen beträgt die Zahl der Haare dagegen nur 85.000.
Fünf verschiedene Haartypen
Bei gesunder Kopfhaut kann man allgemein von fünf verschiedenen Haartypen ausgehen:
1. Feines, dünnes Haar ist durch einen Mangel an Volumen und Halt gekennzeichnet.
2. Trockenes Haar entsteht durch das Fehlen des schützenden Fettfilms. In diesem Fall verliert das Haar seine Feuchtigkeit und wird spröde und glanzlos.
3. Strapaziertes Haar ist auf schädliche Einflüsse aus der Umwelt sowie auf chemische Behandlungen des Haares zurückzuführen.
4. Fettiges Haar entsteht durch eine Überproduktion von Talg in der Kopfhaut.
5. Schuppen sind auf eine übermäßige Reizung der Kopfhaut zurückzuführen. Dafür verantwortlich können äußere Einflüsse wie beispielsweise trockene Heizungsluft sein, aber auch die Rückstände nicht gründlich ausgespülter Haarpflegemittel rufen die Entstehung von Schuppen hervor.
Die Haarmode im Wandel der Zeit
Die Haartrachten in der altägyptischen Kultur
Schon in der altägyptischen Kultur war die Vielfalt der Haartrachten groß. Frühe Darstellungen zeigen Frisuren mit schulterlangem und stumpf abgeschnittenem Haar. Später wurden dann in Zöpfen oder Strähnen über die Schulter fallende Haare bevorzugt. Mit Hilfe von erhitzten Wicklern aus Ton konnten die Haare gekräuselt werden. Um sie rötlich zu färben, benutzte man Henna. Auch kunstvoll gearbeitete Perücken waren zu dieser Zeit bereits in Mode. In unterschiedlichen Ausführungen waren sie bei Festen und feierlichen Zeremonien für beide Geschlechter ein wichtiger Kopfschmuck.
Die klassischen Frisuren der Griechen
In der griechischen Kultur spielte die Haarmode eine wichtige Rolle, es entstanden Frisuren von vollendeter Harmonie und Schönheit. Dabei sind drei Epochen zu unterscheiden: die archaische, die klassische und die hellenistische Zeit.
In der archaischen Epoche fiel das glatte Haar lang auf den Rücken herab oder es wurde zu einer Art Haarbeutel zusammengefasst. Einige Locken lagen vorn auf der Brust. Statt des Scheitels bevorzugten die Griechen später dann kürzere Stirnlocken.
In der klassischen Zeit wandelte sich die Haarmode. Nun frisierte man das Haar am Hinterkopf zu einem Knoten oder zu großen Schleifen. Durch farbige Bänder oder kostbare Stirnreife wurden die Frisuren zusätzlich geschmückt. Um ihnen Halt zu geben, verwendete man netzartige Gebilde aus Gold- oder Silberfäden.
In der hellenistischen Epoche schließlich sind kunstvoll zu Knoten und Schleifen geschlungene Frisuren typisch. Darüber hinaus lässt sich auch der Einfluss der orientalischen Kultur erkennen.
Die Haarmode bei den Römern
Wurde die Haarmode der Römer zunächst noch von griechischen Vorbildern beeinflusst, entwickelte sie im Laufe der Zeit eine größere Eigenständigkeit. Die Frisuren wurden kunstvoller und aufwendiger. Schmuck aus kostbaren Materialien wie Elfenbein, Bronze, Silber oder Gold diente der Verschönerung der Haare. Zudem entwickelte sich bei den Römerinnen eine Vorliebe für blondes Haar. Mit den verschiedensten Mixturen aus Eigelb, Kamille, Meerwasser, Kalk und Holzasche oder mit feinem Goldstaub versuchte man, die Haare aufzuhellen. Da diese Methoden nicht immer sehr erfolgreich waren, blühte der Handel mit Perücken aus blondem Haar.
Die Haartrachten der Germanen
Bei den Germanen galt langes Haar als bedeutendes Symbol eines freien, unabhängigen Mannes. Dementsprechend ließen sie ihr gescheiteltes Haar in Zöpfen oder offen über die Schultern fallen. Reifen aus Metall oder Bänder sorgten für zusätzlichen Schmuck und gaben der Frisur darüber hinaus den nötigen Halt. Aber auch aus Wolle geflochtene Haarnetze, mit denen man das Haar im Nacken zu einem Knoten zusammenfasste, waren gebräuchlich.
Die Kopfbedeckungen im Mittelalter
Die Verbreitung des Christentums und damit der stärkere Einfluss der Kirche war im Mittelalter dafür verantwortlich, dass die offene Haartracht der Frauen immer mehr verschwand, weil diese als unschicklich galt. Lediglich den jungen Mädchen war es noch gestattet, ihr oft zu Zöpfen geflochtenes Haar offen zu zeigen. Verheiratete Frauen hatten dagegen dem kirchlichen Gebot zufolge ihr Haar durch Kopfbedeckungen zu verhüllen. Zunächst benutzte man Kopftücher oder Schleier aus Leinen, später dann Seidentücher zum Bedecken der Haare. Im Laufe der Zeit wurde die Haube zur typischen Kopfbedeckung einer verheirateten Frau. Im Spätmittelalter kamen die Hörnerhauben und die so genannten Hennins immer mehr in Mode. Das Hennin war eine hohe, kegelförmige Kopfbedeckung mit einem hinten herabhängenden Schleier.
Die Frisuren in der Renaissance
Mit der Erneuerung der antiken Vorbilder wurde in der Renaissance das Haar nicht mehr unter Hauben und Tüchern versteckt. Die Frisuren dieser Zeit sind daher sehr vielfältig. So wurde das Langhaar hochgekämmt und auf verschiedene Art und Weise zu Knoten zusammengefasst. Locken oder Zöpfe, gewellte oder glatte Haarsträhnen umrahmten an den Seiten das Gesicht. Viele Frisuren wurden zusätzlich mit Haarnetzen, goldenen Bändern, Perlen oder Edelsteinen reich geschmückt.
Die Haarmode im Barock
Bei der typischen Frisur einer Frau im frühen Barock war das Haar vorn durch einen Quer- oder Rundscheitel abgeteilt, am Kopf glatt nach hinten gekämmt und zu einem Knoten zusammengefasst. Die kurz geschnittenen Stirnhaare bedeckten als Lockenfransen oder als Pony die Stirn. An den Seiten fielen die Haare stark gekräuselt oder als Korkenzieherlocken oft bis auf die Schultern. Im späten Barock kam dann die hohe, pyramidenförmige Frisur immer mehr in Mode.
Für die Männer spielte im Barock die Perücke eine zentrale Rolle. Sie schmückten sich gern mit wallenden Locken, die über Brust und Rücken bis zur Taille herabfielen. Für diese Perücken wurden neben menschlichem Haar auch Pferde- und Ziegenhaar sowie Seide und Flachs verwendet.
Die Haartrachten im Rokoko
Im frühen Rokoko bevorzugte man anmutige Lockenfrisuren, die oft mit Blumen geschmückt wurden. Dagegen wurden die Haartrachten im hohen Rokoko mit Hilfe von Drahtgestellen, Rosshaarkissen, Tüll und Gaze zu hohen Gebilden geformt. Perlenketten, Federn oder Blumen schmückten diese Frisuren auf phantasievolle Art und Weise. Im späten Rokoko ist dann eine Rückbesinnung auf natürlichere und deutlich niedrigere Haartrachten festzustellen.
Die Frisuren im Biedermeier
Trotz aller Vielfalt sind in der Haarmode im Biedermeier einige charakteristische Übereinstimmungen auffällig. Typisch war etwa der gerade Mittelscheitel. An den Seiten bestanden die Frisuren aus kurzen oder auch längeren Hängelocken, geflochtenen Girlanden oder bauschigen Lockenpartien. Auf dem Kopf wurden gern Aufbauten aus Flechtwerk oder aus schleifenartig geformten Partien getragen. Am Hinterkopf zeigten die Haartrachten oft breite und flache Knoten aus Zöpfen.